Beim Chef nach einer Gehaltserhöhung zu fragen, gehört zu den schwersten Aufgaben. Warum es besser ist, mit krummen Beträgen in die Verhandlung einzusteigen.
Sie machen gute Arbeit und wollen mehr Geld. Sie verändern sich beruflich – und nutzen den Wechsel als Chance, sich auch finanziell besser zu stellen. Gehaltsverhandlungen begleiten Arbeitnehmer
ihr ganzes berufliches Leben lang. Und auf diesem Weg gibt es eine ganze Reihe von Hürden, die zu bewältigen sind. Denn wenn Sie wollen, was Ihnen zusteht, reicht es nicht, nur einen Termin mit
dem Chef zu vereinbaren. Sie sollten gut vorbereitet sein.
1. Verhandeln Sie mit krummen Zahlen, aber angemessen
Es klingt zunächst nach einem billigen, aber sehr wirksamen Trick: Psychologen der Leuphana-Universität Lüneburg haben herausgefunden, dass sich mit krummen Zahlen ein besseres Ergebnis erzielen
lässt. „Je genauer die Gehaltsvorstellungen sind, umso wahrscheinlicher werden Sie an Ihrer erfragten Höhe dran sein“, sagt David Loschelder, Juniorprofessor für Wirtschaftspsychologie und Leiter
der Studie.
Wer also statt 55.000 Euro 61.550 Euro fordert, hat größere Chancen, am Ende näher an sein Wunschgehalt zu kommen. Die Folge: Differenzierte Beträge lassen das Gegenüber glauben, dass der
Arbeitnehmer sich besonders gut informiert habe und besonders kompetent sei. Viel niedrigere Gegenangebote wird es kaum geben.
Aber Vorsicht: Die Höhe des Gehalts aber bis auf die Kommastelle genau zu verhandeln, kann auch kontraproduktiv sein – und Ihnen schnell den Ruf eines Pedanten einbringen. „Wenn Sie es trotzdem
machen, sollten Sie das in jedem Falle begründen können.“
Gleiches gilt für ein Gehalt, das schlicht utopisch ist: "Ein unverschämtes erstes Angebot kann auch verheerend sein." Trotzdem sollte die Forderung vom Arbeitnehmer kommen. „Dann laufen Sie
weniger Gefahr, von Ihrem Gegenüber auf einem niedrigen Gehalt verankert zu werden.“ In der Regel sollten Sie das erste Angebot um zehn bis 15 Prozent höher setzen, als Sie letztlich
erreichen wollen.
Tipps für Freelancer: So schlagen Sie mehr Honorar raus
- Passend anbieten: Hören Sie im Briefing gut zu und bieten möglichst passgenau an. Das verhindert unnötige Preisverhandlungen, bei denen Sie nur verlieren können.
- Fokus auf den Kundennutzen: Erklären Sie dem Kunden, was Sie können. Fokussieren Sie Ihr Alleinstellungsmerkmal. So wird klar, warum Sie ein höheres Honorar wert sind.
- Paketpreise anbieten: Schnüren Sie Basic, Medium und Premiumpakete. Dann kommen Sie aus der Falle der vielen kleinen Einzelposten heraus und es wird weniger verhandelt.
- Folgeaufträge statt Kaltakquise: Weniger Arbeit = Höhere Marge. Hat sich die Zusammenarbeit bewährt, bleiben Sie dran. Die Ersparnis geben Sie an den Kunden weiter oder behalten für
sich.
- Im Preis nicht nachgeben: Betreiben Sie kein Honorar-Dumping. Sie sind Ihr Geld wert. Deshalb gehen Sie nur im Preis herunter, wenn weniger Leistung gefragt ist.
- Preisstrategie finden und halten: Legen Sie sich eine Methode zurecht und bleiben Sie dabei. Denn Entscheider lieben Berechenbarkeit.
- Keine Angst vor Ausschreibungen: Hinterfragen Sie bei jedem einzelnen Element, was das für Sie bedeutet. Wollen Sie das: Stunden- statt Tagessätze? Pauschale Reisekosten?
- Keine Angst vor Ausschreibungen: Schreiben Bestandskunden neu aus, bedeutet das erhöhten Aufwand. Der muss abgegolten werden. Stimmt die Zusammenarbeit, gönnt man Ihnen ein paar Prozent
mehr.
2. Gute Vorbereitung mit guten Argumenten
Das setzt voraus, dass Sie gut vorbereitet in das Gespräch gehen müssen und genau wissen sollten, was angemessen für Ihre Position und Berufserfahrung ist.
Gestiegene Lebenshaltungskosten oder veränderte Lebensumstände sind keine guten Argumente, um in eine Gehaltsverhandlung einzusteigen. Vielmehr zählen berufliche Leistung und Ausbildung. Übrigens
auch Weiterbildungen, die Sie absolvieren oder Sprachkurse, die Sie freiwillig besuchen.
So viel verdienten einzelne Berufsgruppen
Der Gehaltsreport 2017: Für den aktuellen Gehaltsreport hat die Jobseite Stepstone die Gehaltsdaten von rund 50.000 Fach- und Führungskräfte
ausgewertet, die an einer Online-Befragung teilgenommen haben. Die angegebenen Durchschnittsgehälter sind Bruttojahresgehälter mit allen variablen Bezügen (Boni, Prämien, Weihnachtsgehalt usw.).
Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurden nur Angaben von Arbeitnehmern in Vollzeit berücksichtigt.
Die Durchschnittsgehälter sind außerdem nach Unternehmensgröße gestaffelt: kleine Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern, mittlere Unternehmen mit bis zu 1000 Mitarbeitern und große Unternehmen
ab 1000 Mitarbeitern.
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Ärzte: Unabhängig von der Fachrichtung und der Position, verdienen Ärzte in kleinen Krankenhäusern im Schnitt 79.434 Euro brutto im Jahr. In mittleren Kliniken sind es
90.194 Euro. Überraschend: In großen Krankenhäusern mit mehr als 1000 Angestellten liegt das durchschnittliche Gehalt eines Arztes nur noch bei 83.570 Euro brutto.
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Juristen: Rechtsanwälte in kleinen Kanzleien können - unabhängig vom Rechtsgebiet - mit einem Durchschnittsgehalt von 51.625 Euro brutto im Jahr rechnen. Bei den
Juristen gilt laut der Statistik: Je größer, die Kanzlei, desto höher die Bezüge. In mittleren Häusern gibt es 69.417 Euro brutto, in den ganz großen 78.947 Euro im Jahr.
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Banker: Auch bei Banken spielt die Größe eine Rolle: Wer in einer kleinen Bank arbeitet, bekommt im Mittel 65.772 Euro brutto im Jahr. In einem ganz großen Haus sind es
dagegen im Schnitt 75.574 Euro brutto.
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Ingenieure: Ingenieure verdienen in Deutschland im Jahr zwischen 58.741 Euro brutto und 72.531 Euro brutto - abhängig von der Größe des Unternehmens. Fachrichtungen,
Dienstalter und Position sind hierbei nicht berücksichtigt.
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Informatiker: Auch in der IT-Branche spielt es nicht nur eine Rolle, was man kann, sondern für wen man arbeitet: In kleinen Unternehmen gibt es im Schnitt 55.781 Euro
brutto, in großen 70.407 Euro brutto.
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Controller: Ähnlich groß ist die Spanne im Finanz- und Rechnungswesen: Im kleinen Betrieb bekommen Controller durchschnittlich 55.394 Euro brutto, in mittleren sind es
60.542 und in großen Unternehmen 70.213 Euro.
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Vertriebsmitarbeiter: Die Mitarbeiter aus dem Vertrieb und Verkauf, die an der Umfrage teilgenommen haben, bekamen im Schnitt 52.117 Euro brutto im Jahr, wenn sie in
einem kleinen Unternehmen tätig waren. Bei mittleren Unternehmen gab es im Schnitt 60.150 Euro und 67.959 bei großen Arbeitgebern.
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Versicherungsmitarbeiter: Angestellte aus dem Versicherungswesen bekamen im Durchschnitt 50.291 Euro brutto in kleinen und 61.409 Euro brutto in großen Unternehmen.
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Naturwissenschaftler: Wer vergangenes Jahr in der naturwissenschaftlichen Forschung und dem Labor gearbeitet hat, verdiente zwischen 50.067 und 63.318 Euro brutto -
abhängig von der Größe des Arbeitgebers.
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Marketingexperten: Angestellte aus Marketing und Kommunikation verdienten im vergangenen Jahr zwischen 46.771 und 63.051 Euro brutto.
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Personaler: HR-Experten und Angestellte aus dem Personalwesen verdienten im letzten Jahr zwischen 50.028 und 60.741 Euro brutto.
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Einkäufer: Mitarbeiter aus Einkauf und Logistik bekamen im Durchschnitt 45.958 Euro in kleinen, 54.767 Euro in mittleren und 63.978 Euro brutto in großen Unternehmen.
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Architekten: Designer und Architekten beziehungsweise deren Angestellten verdienten im letzten Jahr zwischen 41.542 und 60.420 Euro brutto.
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Techniker: Mitarbeiter mit einem technischen Ausbildungsberuf verdienten vergangenes Jahr zwischen 46.310 Euro und 57.924 Euro brutto.
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Handwerker: Im Handwerk verdienten Mitarbeiter vergangenes Jahr durchschnittlich zwischen 36.161 und 43.807 Euro, je nach Größe des Betriebs.
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Sekretärinnen: Mitarbeiter aus dem Bereich Administration und Sekretariat verdienten zwischen 37.962 und 47.948 Euro brutto im Jahr.
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Lehrer und Erzieher: Wer im Bereich Bildung und Soziales arbeitet, verdiente vergangenes Jahr zwischen 37.962 und 45.971 Euro brutto.
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Pfleger und Therapeuten: In den Bereichen Pflege, Therapie und Assistenz gab es zwischen 32.638 Euro und 41.798 Euro brutto im Jahr.
3. Zeit nehmen, Zeit geben
Mehr Gehalt hätten fast alle gerne, aber fast immer muss es auch einen Grund dafür geben – und damit den richtigen Zeitpunkt. Sie haben gerade eine neue Position, einen neuen
Verantwortungsbereich oder ein neues Projekt übernommen? Das ist ein guter Zeitpunkt, um nach mehr Geld zu fragen.
Gehaltsverhandlungen sollten ebenso wenig zwischen Tür und Angel stattfinden wie nach einer ausgelassen Firmenfeier. Für ein Gespräch über Geld sollten mindestens 30 Minuten eingeplant werden -
in einer störungsfreien Umgebung.
Auch kurz nach dem Urlaub des Chefs sollten Sie auf diese Art von Gesprächen verzichten. Die Gründe dafür sind denkbar einfach: Nach dem Urlaub weiß der Chef nicht genau, was Sie in seiner
Abwesenheit geleistet haben.
4. Nicht mehr Geld, aber vielleicht Extras?
Wenn gar nichts mehr geht und der Chef sich nicht auf mehr Geld einlässt, könnten Sie versuchen, Extras zu verhandeln. Denn es gibt zahlreiche Maßnahmen, die ein Arbeitgeber anbieten kann –
teilweise sogar steuerfrei. So sind etwa Zuschüsse für die Fahrt zu Arbeit möglich, ebenso wie zu Kindergarten-Gebühren oder das Überlassen von technischen Geräten.
Extras für Arbeitnehmer
- Tankgutscheine: Bis zu einem Wert von 44 Euro (monatlich) sind diese steuerfrei.
- Zuschuss zum Jobticket: Bis zu einem Wert von 44 Euro (monatlich) steuerfrei, ansonsten pauschal mit 15 Prozent besteuert.
- Überlassen von technischen Geräten: Diensthandy oder Laptop gehören in einigen Unternehmen ohnehin dazu – und ist jederzeit möglich.
- Kindergartenzuschüsse: Der Arbeitgeber kann diese geben – ohne sie zusätzlich versteuern zu müssen.
- Zuschläge für Sonderarbeit: Wird Nachts, am Wochenende oder an Feiertagen gearbeitet, können Zuschläge verhandelt werden.
xing-news.com, April 2017