Seien Sie ehrlich, der Job ist doch eine Nummer zu groß für Sie! Manche Personaler provozieren gern oder stellen hinterhältige Fragen. Aber auch darauf kann man sich vorbereiten.
Am Anfang wirkt alles so freundlich. Die Personalreferentin ruft an und schmeichelt: Ihre Bewerbung ist außergewöhnlich, Sie passen perfekt in unser Team. Wir sollten uns unbedingt mal kennen lernen. Schnell ist ein Termin für ein Vorstellungsgespräch mit dem Chef gefunden. Und auch der scheint wirklich interessiert: Blättert durch den Lebenslauf, fragt nach Stationen in Ihrem Leben, plaudert sogar von eigenen Zielen. Man trinkt Kaffee, macht vorsichtige Scherze.
Und dann fragt der Personaler, der bisher nur still auf seinem Stuhl gehockt hat, plötzlich: Wie wichtig ist Ihnen überhaupt Geld? Oder: Nennen Sie uns zehn Ihrer Schwächen!
Überrumpelt, das Gespräch kippt... Bewerber, die in solchen Momenten die Fassung verlieren und zu stottern beginnen, haben meist verloren. Wer weiß, was der Gesprächspartner bezweckt, reagiert gelassener. Oft wollen Personaler nur abklopfen, was nicht im Lebenslauf steht. Einige knifflige Fragen und kluge Antworten im Überblick:
"Arbeiten Sie lieber im Team oder allein?"
Was die Frage soll: Alternativfragen führen Bewerber aufs Glatteis, sagt Johannes Stärk, Karriereberater aus München. Wer vorschnell antwortet, verstrickt sich bei Nachfragen eventuell in Widersprüche. Gibt ein Bewerber etwa an, dass er lieber im Team arbeitet, wirft man ihm anschließend vielleicht vor, er sei nicht selbstständig genug.
Die ideale Antwort ist geschmeidiges Ausweichen: "Das kommt auf die Situation an. Wenn ich mir schnell viel Wissen aneignen muss, bin ich lieber ungestört - bei größeren Präsentationen arbeite ich gern mit anderen zusammen."
"Halten Sie bei Streitereien zu Kollegen oder zum Chef?"
Was die Frage soll: Der Personaler will prüfen, wie flexibel der Bewerber ist - verharrt er auf einer starren Position oder denkt er eher vermittelnd? Wer in diesem Fall sagt "Ich halte zum Chef", müsste unmittelbar darauf die Frage beantworten: "Und was ist, wenn der Chef im Unrecht ist?"
Die ideale Antwort ist keine klare Parteinahme: "Ich hoffe, dass es keinen Widerspruch zwischen dem Chef und den Mitarbeitern gibt, insbesondere wenn es um die Unternehmensziele geht." Lässt der Personaler dann nicht locker, könnte eine Antwort sein: "Ich habe so eine Situation noch nie erlebt, aber ich würde denken, dann setzt man sich zusammen und löst das Problem."
"Welche Rolle spielt Geld für Sie?"
Was die Frage soll: Der Personaler will testen, ob ein Bewerber für eine Führungsposition in Frage kommt, sagt Christian Püttjer, Karriereberater aus Bredenbek. Führungskräften wird unterstellt, dass Geld für sie ein Statussymbol und deshalb wichtig ist. Selbstbewusste Jobsuchende verkaufen sich nicht unter Wert.
Die ideale Antwort stellt das Geld nicht in den Mittelpunkt, spielt die Bedeutung des Gehalts aber auch nicht herunter: "Ich empfinde Geld als Anerkennung für meine beruflichen Leistungen. Deswegen finde ich es gut, wenn ich es als Äquivalent zu meinem beruflichen Einsatz auch auf dem Konto habe."
"Ist der Job nicht eine Nummer zu groß für Sie?"
Die Frage soll Bewerber brüskieren, ihre Souveränität und Stressresistenz prüfen, sagt Karriereberater Stärk. Personaler wollen abtasten: Wie schlagfertig und souverän ist der Kandidat, kann er sich auch aus einer rhetorischen Sackgasse herauswinden?
Die ideale Antwort: "Ich bin auf jeden Fall der Richtige, Sie haben mich ja auch eingeladen." Im Anschluss sollte der Bewerber selbstbewusst die eigenen Stärken aufzählen.
"Können Sie uns zehn Schwächen von sich nennen?"
Was das bezweckt: Die Personaler wollen die Bewerber aus der Reserve locken. Die Frage nach den eigenen Schwächen gehört zu den Klassikern in Vorstellungsgesprächen. Viele haben sich im Vorfeld ein oder zwei Schwächen überlegt, die sie preisgeben wollen, aber mit zehn Schwachpunkten hat sich kaum jemand auseinandergesetzt, so Stärk.
Die ideale Antwort: Bewerber sollten bei ihrem Plan bleiben und nur jene Defizite darlegen, die sie sich im Vorfeld überlegt haben - idealerweise solche, die sich in der aktuellen Position nicht auswirken. Die Zahl zehn überhört man einfach und gibt auf Nachfrage möglicherweise eine andere preis, um dann zu sagen: "Tut mir leid, da fällt mir keine weitere mehr ein."
"Was wiegt eine Boeing 707?"
Was die Frage soll: Personaler wollen schauen, wie ein Bewerber auf Fragen reagiert, die er unmöglich sofort beantworten kann, so Karriereberater Jürgen Hesse. Läuft er rot an und druckst verlegen herum, oder bleibt er gelassen? Nähert er sich einer Lösung mit nachvollziehbarer Logik? Solche "Brainteaser" oder Mini-Fallstudien sind zum Beispiel bei Unternehmensberatungen verbreitet.
Die ideale Antwort: "Interessante Frage, obwohl ich gar keinen Zusammenhang zu meiner Stelle sehe." Danach darf der Bewerber ruhig zugeben, dass er die Antwort nicht weiß, sie aber mit einer kurzen Internetrecherche schnell herausfinden würde. Und als Lösungsansatz skizzieren, welche Faktoren für eine gute Schätzung die Hauptrolle spielen.
"Wer oder was wären Sie gern im nächsten Leben, und warum?"
Was die Frage soll: Mit dieser Frage soll die Spontaneität und Kreativität eines Bewerbers getestet werden, erklärt Hesse.
Bei der idealen Antwort gibt es kein richtig oder falsch, so Hesse. Bewerber sollten vor allem zeigen, dass sie mit sich selbst im Reinen sind. Sie könnten zum Beispiel sagen, sie würden gern wieder als Mann oder Frau geboren werden und noch mal das studieren, was sie jetzt auch studiert haben.
xing-news.com, März 2016