Zunächst mal spart es Kosten. Reisekosten vor allem. Aber auch Zeit. Das telefonische Vorstellungsgespräch, auch Telefoninterview genannt, wird als effizientes Mittel der Personalauswahl enorm
geschätzt und immer öfter dem Bewerbungsgespräch vorgeschaltet. Das kann zahlreiche Vorteile haben, weil der Personaler dabei blind ist und von Aussehen, Kleidung, Duft oder Körpersprache nicht
abgelenkt wird. Der Nachteil: Umso entscheidender ist, was Sie sagen...
Telefoninterview: Das erwartet Sie
Zu einem telefonischen Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden, ist zunächst ein gutes Zeichen. Sie sind eine Runde weiter, man ist an Ihnen interessiert.
Allerdings - das ist die Kehrseite - hat die Papierform eben noch nicht so richtig überzeugt und der Personaler oder Chef in spe möchte sich zu diesem Zeitpunkt lieber ein noch runderes Bild von Ihnen verschaffen, ohne dazu allzu großen Aufwand zu betreiben.
Meist sind zudem noch einige Fragen nach der Lektüre Ihrer Bewerbungsmappe offen geblieben:
All diese Fragen könnten im Telefoninterview kommen - und sollten ebenso klar wie souverän und prompt beantwortet werden.
Um am Telefon zu brillieren, ist gute Vorbereitung essenziell.
Ein Überfall-Interview müssen Sie nicht akzeptieren:
Und die Dauer verrät nicht zuletzt auch etwas darüber, welche Fragen kommen könnten:
Vor- und Nachteile
Der Vorteil des Telefoninterviews ist offensichtlich, oder eben genau nicht: Zappeln und nervöse Mikrogesten sieht Ihr Gegenüber nicht. Ob Sie mit den Füßen wippen, die Beine auf und ab zittern lassen und sich die Finger der freien Hand reiben - es bleibt für den Personaler unsichtbar. Gerade für Menschen, die im direkten Kontakt nervös werden, kann das Telefoninterview befreiend sein. Ebenso die etwas weniger förmliche Atmosphäre.
Der Nachteil: Für Menschen mit ausgebildeter Körpersprache ist ein Telefoninterview ein Verlust. Wer seine Aussagen gern durch passende Gesten unterstützt und damit überzeugt, verliert diesen Bonus am Telefon. Die gelöste Atmosphäre kann zudem zu einer laxen Haltung und Sprache führen - Fatal!
Darüber hinaus ist es ratsam, ein paar grundlegende Hausaufgaben zu machen:
Videointerviews via Skype
Neben den Standardfragen, wie sie in jedem Bewerbungsgespräch vorkommen können, gibt es am Telefon eben auch noch die besagten Fragen zu den Lücken im Lebenslauf oder besonders raffinierte, latente Fangfragen.
Die Art und Weise wie Sie als Kandidat darauf reagieren, verrät dem Interviewer viel über...
Grundsätzlich gilt: Versuchen Sie nie etwas zu vertuschen. Wenn Sie sich doch verraten oder in Widersprüche verstricken, ist das Vertrauen dahin und die Jobchancen bei Null Prozent.
Besser: Erklären Sie, was Sie selbst aus Niederlagen - Jobverlust, Studienabbruch, etc. - oder Fehlern gelernt haben und künftig besser machen werden. Aber nicht rechtfertigen - stehen Sie dazu, und blicken Sie nach vorn. Je aufrichtiger und gründlicher Sie solche Situationen analysieren, desto überzeugender wirkt das.
Brüche im Lebenslauf sind heute keine Schande mehr, im Gegenteil: Es zeichnet echte Persönlichkeiten aus!
Zu Kategorie der schwierigen Fragen gehören vor allem die folgenden, auf die Sie sich ebenfalls vorbereiten können.
" Was mochten Sie an Ihrem bisherigen Job am wenigsten?
Die offene Frage klärt auf unaufdringliche Art und Weise, wie der Bewerber mit negativen Situationen und Frustrationen umgeht.
" Was interessiert Sie an diesem Job vor allem?
Die Frage hat nicht nur den Vorteil, dass sie offen ist – sie zwingt den Bewerber auch zu einer ebenso konkreten wie differenzierten Aussage, bei der er viel über seine Interessen, seine Karriereziele und seine letzte Beschäftigung zu erkennen gibt.
" Wenn Sie Ihre vergangenen zwei bis drei Positionen vergleichen: Waren Sie eher Anführer oder Ausführer? Begründen Sie bitte Ihre Antwort.
Eine weitere offene Frage, die ebenfalls zu Bekenntnissen zwingt. Auch wenn die meisten glauben, mit "Anführer" antworten zu müssen, kommen Sie nicht umhin, Ihre Qualitäten diesbezüglich zu konkretisieren.
" Erzählen Sie mir etwas von sich, das nicht in Ihrem Lebenslauf steht.
Ja, die Frage ist aggressiv und provokant – aber genau darum geht es doch in einer Bewerbung: Werbung machen für sich, besser sein, sich abheben, in Erinnerung bleiben. Warum also nicht den Prozess abkürzen und gleich zur Sache kommen?
" Wie geht es Ihnen gerade?
Banal? Mitnichten! Immer wieder wird die Macht des ersten Eindrucks betont. Was aber wenn jemand auf eine solch simple Offerte zur Charmeoffensive nicht überzeugend parlieren kann? Wie soll so einer vom ersten Tag an ins Unternehmen passen, geschweige denn bei Kunden und Kollegen ankommen?
" Was wissen Sie über unser Unternehmen?
Das Schöne an der Frage ist, dass sie nicht nur Fachwissen oder gar Klischees abklopft, sie zeigt auch, wie intensiv sich der Bewerber mit seinem künftigen Job auseinander gesetzt hat, wie gründlich er oder sie recherchiert hat. Eine offenere Variante der Frage lautet: Erzählen Sie mir etwas über unser Unternehmen.
" Wenn Sie Ihren perfekten Job selbst gestalten könnten – wie sähe er aus?
Die Frage löst in der Regel zunächst ein Lächeln aus – dann Schweißperlen auf der Stirn. Denn hier zeigt sich, wie reflektiert jemand mit seinem Beruf umgeht, welche Pläne er hat und ob er Treiber seiner Karriere ist oder sich vielmehr treiben lässt.
" Was werden Ihre neuen Kollegen von Ihnen lernen?
Die Frage zielt letztlich auch auf den Mehrwert, den der oder die "Neue" zum Unternehmen beisteuert. Aber sie holt den sonst eher monetären Aspekt (Leistung gegen Geld) auf eine soziale Ebene. Die Antwort offenbart zugleich wie kollaborativ der Kandidat ist.
" Wenn ich zwei Ihrer Ex-Kollegen zu Ihnen befragen würde – einen Freund und einen, der das eher nicht ist: In welchen Punkten würden dennoch beide übereinstimmen?
Eine raffinierte Frage, weil sie herausarbeitet, wie empathisch jemand ist und wie gut er mit anderen Menschen umgehen, sich in sie hineinfühlen und zugleich über sich selbst reflektieren kann. Eine Fähigkeit, die im Berufsleben immer wichtiger wird.
" Wenn wir Sie jetzt einstellen: Was werden Sie in den nächsten 90 Tagen als erstes unternehmen?
Hier geht es ans Eingemachte: Die Frage zwingt den Bewerber dazu, den neuen Job schon zu imaginieren und konkrete Handlungen zu verbalisieren. Das liefert gute Indizien, ob er oder sie tatsächlich in den ersten 90 Tagen reüssieren wird und zum Unternehmen passt.
" Was erwarten Sie von einem Unternehmen, in das Sie Ihr Talent und Ihre Zeit investieren wollen?
Auch diese Frage stellt die übliche Bewerbungsperspektive auf den Kopf. Normalerweise überlegen Kandidaten, was das Unternehmen sucht und versuchen genau diese Punkte zu treffen und als Leistungspaket zu verkaufen. Ein Vorstellungsgespräch (insbesondere die Probezeit) ist aber immer auch dazu gedacht, herauszufinden, ob beide (!) Seiten zu einander passen. Genau dabei hilft diese Frage. Zudem können Personaler so klären, wie stabil die spätere Beziehung sein wird. Obendrein erleichtert sie Gehaltsverhandlungen.
" Was ist Ihre größte Sorge – diesen Job betreffend?
Nicht nur, dass man so herausfindet, wie gut sich der Kandidat auf das Jobinterview vorbereitet, wie intensiv er sich mit der Stelle und dem Unternehmen beschäftigt hat – es zeigt sich ebenso, welche Herausforderungen derjenige erwartet und wie er gedenkt, damit umzugehen. Nebenbei findet man natürlich auch heraus, wie offen der Bewerber tatsächlich ist.
" Ganz am Ende des Jobinterviews: Wie würden Sie Ihr aktuelles Interesse für diesen Job auf einer Skala von 1 bis 10 (10 = Maximum) einordnen?
Klar, die meisten werden wohl mit 10 antworten, um ihre Jobchancen nicht zu schmälern. Hier gilt es dann nachzubohren, warum derjenige maximales Interesse bekundet. In allen anderen Fällen fragen Sie nach, was sein Interesse verringert hat. So finden Sie nicht nur etwas über den Kandidaten und seine Motivation heraus – sondern auch über die Qualität Ihrer Stellenangebote und Jobinterviews.
xing-news.com, November 2015