Wo kommuniziert wird, entstehen Missverständnisse. Das 4-Ohren-Modell verdeutlicht, warum Menschen fast zwangsläufig aneinander vorbeireden. Doch es zeigt auch Wege auf, wie wir unsere Gesprächspartner besser verstehen können - ob privat oder im Beruf.
Was ist das 4-Ohren-Modell?
Das 4-Ohren-Modellen zählt zu den ältesten und bekanntesten Kommunikationsmodellen. Es geht auf den Psychologen und Kommunikationsforscher F. Schulz von Thun zurück. Bei jeder Kommunikation gibt es Thun zufolge eines Senders und einen Empfänger. Was der Sender einer Nachricht mitteilt, lässt sich immer in mehrfacher Hinsicht verstehen - das ist die zentrale Aussage des 4-Ohren-Modells. Genauer definiert das Modell vier Bedeutungsebenen, auf denen sich Nachrichten interpretieren lassen:
1. Sachebene
Hier geht es um den objektiven Informationsgehalt. Die sachliche Information kann wahr oder falsch sein. Für den Empfänger ist sie relevant oder irrelevant, vielleicht auch vollständig oder unvollständig.
2. Selbstoffenbarung
Damit ist der Teil der Botschaft gemeint, der etwas über den Sender selbst aussagt. Auch eine neutrale Aussage kann versteckte Ich-Botschaften enthalten. Zumindest teilt der Sprecher mit, was ihm oder ihr wichtig ist. Oft deuten sich Wünsche, Bedürfnisse oder Wertvorstellungen nur indirekt an und bieten für den Empfänger damit Interpretationsspielraum.
3. Beziehungsebene
Diese Ebene drückt aus, wie der Sender zum Empfänger steht. Auch diese Botschaft kann sich mehr oder weniger subtil ausdrücken. Beim Empfänger kommt vielleicht Wertschätzung oder Interesse an, möglicherweise fühlt er sich kritisiert oder herabgesetzt.
4. Appell
Auf dieser Ebene teilt der Sender mit, was er sich vom Empfänger erwartet. Es muss sich dabei nicht um direkt formulierte Bitten oder Befehle handeln. Oft verbergen sich Appelle zwischen den Zeilen - oder lassen sich zumindest so interpretieren.
Viel Raum für Missverständnisse
Als wären diese vier Ebenen nicht schon genug: Hinzu kommt noch, dass beide Gesprächspartner vielleicht auf jeweils einem anderen Ohr (einer anderen Ebene) besonders gut hören. Wenn etwa der Sender Sachbotschaften mitteilen will, während der Empfänger auf der Beziehungsebene hört, sind Trugschlüsse vorprogrammiert. Das 4-Ohren-Modell verdeutlicht somit, warum wir uns im Alltag so häufig missverstehen.
Das 4-Ohren-Modell im Beruf
Stellen Sie sich doch die folgende Szene im Büro vor. Der Projektleiter sagt zu seinem Mitarbeiter: "Die Deadline ist am 4. November." Was er dem 4-Ohren-Modell zufolge damit meinen könnten, ist:
Der Mitarbeiter könnte jedoch Folgendes hören:
Aktives Zuhören als erster Schritt
So kann selbst eine scheinbar neutrale Nachricht zu Spannungen oder Konflikten im Team führen. Und dafür ist nicht immer der Sender einer Nachricht verantwortlich. Auch auf Seiten des Empfängers braucht es Bereitschaft, sich bewusst mit der Nachricht auseinander zu setzen. So wichtig es ist, gut kommunizieren zu können: Zu allererst müssen wir lernen, einander gut zuzuhören. Das 4-Ohren-Modell verdeutlicht, worauf wir dabei achten sollten.
So funktioniert klare Kommunikation im Beruf
Aus dem 4-Ohren-Modell lassen sich einige Grundregeln ableiten, um im Job möglichst unmissverständlich zu kommunizieren:
Achten Sie bewusst auf Ihre Ausdrucksweise, formulieren Sie möglichst präzise und eindeutig.
Vermeiden Sie Ironie und Sarkasmus ebenso wie versteckte Botschaften.
Sagen Sie klar, was Sie von Ihrem Gesprächspartner wollen. Verstecken Sie Bitten oder Wünsche nicht hinter anderen Botschaften.
Fragen Sie bei Unklarheiten sofort und ausdrücklich nach. Das Gleiche gilt, wenn Sie vermuten, dass andere Sie missverstanden haben.
Wichtig ist es auch sich bewusst zu machen, dass beide Seiten - Sender und Empfänger - für eine gelungene Kommunikation verantwortlich sind. Nur wenn beide Seiten die Erkenntnisse des 4-Ohren-Modells berücksichtigen, ist eine störungsfreie Kommunikation möglich.
ostjob.ch, März 2021